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„Wenn ich nur die perfekte Geldanlage finde, dann…“
So oder so ähnlich klingt es oft in Gesprächen über Finanzen. Anleger suchen das perfekte Depot, den perfekten ETF, die perfekte Strategie. Doch Perfektion in Gelddingen ist eine Illusion – und eine gefährliche noch dazu.
1. Die Psychologie hinter der „Perfektionitis“
Daniel Kahnemann beschreibt in Schnelles Denken, langsames Denken, dass unser Gehirn schnelle, einfache Antworten liebt – aber komplexe Probleme nicht mag. Geldanlage ist komplex. Die Sehnsucht nach der „perfekten Lösung“ ist also eigentlich ein Trick unseres Gehirns: Wir wollen Klarheit, wo es sie nicht gibt.
Rolf Dobelli spricht in Die Kunst des klugen Handelns vom „Resulting Bias“ – der Neigung, Entscheidungen nach dem Ergebnis zu bewerten. Läuft eine Anlage schlecht, glauben wir: „Die Entscheidung war falsch.“ Läuft sie gut: „Die Entscheidung war richtig.“ Das verführt uns dazu, permanent nach der besseren, perfekten Entscheidung zu suchen.
2. Das Problem mit der „perfekten Anlage“
Morgan Housel zeigt in Die Psychologie des Geldes:
Finanzieller Erfolg hängt weniger von der perfekten Strategie ab, sondern viel mehr von Disziplin, Geduld und vom eigenen Verhalten in Krisenzeiten.
- Die perfekte Anlage gibt es nicht, weil Zukunft unvorhersehbar ist.
- Jede Anlage hat Vor- und Nachteile.
- „Perfekt“ sieht nur rückwärts betrachtet so aus – nie im Voraus.
Dr. Nikolaus Braun bringt es auf den Punkt: Wir überschätzen die Rolle des Produkts und unterschätzen die Rolle des Plans. Ein solider Entnahmeplan im Ruhestand ist wertvoller als der zehnte Vergleich von ETFs.
3. Die Kosten der „Perfektionitis“
Die Suche nach der perfekten Lösung hat ihren Preis:
- Verzögerung: Wer auf Perfektion wartet, investiert oft gar nicht.
- Überaktivität: Ständiges Umschichten im Depot, getrieben von der Jagd nach „besser“.
- Frust: Kein Ergebnis ist je „gut genug“.
Im schlimmsten Fall ist Perfektionismus teurer als ein „guter, aber nicht perfekter“ Plan.
4. Was stattdessen zählt!
- Gut genug ist besser als nie begonnen: Ein breit gestreutes ETF-Depot schlägt das perfekte Depot, das nur im Kopf existiert.
- Disziplin statt Genialität: Bleiben Sie bei der Strategie, auch wenn die Börse mal verrücktspielt.
- Plan schlägt Produkt: Ein klarer Finanzplan bringt mehr Sicherheit als das perfekte Finanzprodukt.
Fazit
Perfektion in Finanzfragen ist eine Fata Morgana. Wer ihr nachläuft, verpasst die eigentliche Reise: einen stabilen, langfristig tragfähigen Finanzplan, der zu den eigenen Lebenszielen passt.
Oder, um es mit einem Bild zu sagen: Es ist besser, mit einem stabilen Fahrrad loszufahren, als ewig auf das perfekte Rennrad zu warten.
Lassen Sie uns gemeinsam prüfen, ob Ihr Finanzplan „gut genug“ ist, um Ihre Ziele zu erreichen. Perfektion brauchen Sie nicht – aber Klarheit, Struktur und einen Plan.


