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Aktives Investieren vs. Indexinvestment – eine Jahrzehnte alte Diskussion – die Befürworter des Indexing bemängeln unter anderem die höheren Kosten des aktiven Investierens, die dafür sorgen, dass das Anlageergebnis am Ende schlechter ist, als wenn man gleich über Indextracker sich dem Durchschnitt hingibt.
In diesem Artikel schauen wir uns die seit einiger Zeit von den USA kommenden Anlagevehikel der „aktiven ETFs“ an und ordnen diese in das hierzulande bestehende Angebot an Anlagemöglichkeiten ein.
Was sind aktive ETFs?
Aktive ETFs sind Investmentfonds, die wie herkömmliche ETFs an Börsen gehandelt werden, jedoch im Gegensatz zu passiv verwalteten ETFs einen aktiven Managementansatz verfolgen. Das bedeutet, dass das Fondsmanagement aktiv Wertpapiere auswählt und Portfolios zusammenstellt, um Marktchancen zu nutzen und / oder Risiken zu minimieren. Die Investmentansätze sind sehr unterschiedlich und vielfältig und reichen von klassischer fundamentaler Analyse über quantitative Ansätze bis hin zu charttechnischen Ansätzen – incl. möglicher Kombinationen daraus.
Im Vergleich zu passiv verwalteten ETFs, die einen Index nachbilden, streben aktive ETFs in der Regel eine Überrendite gegenüber einem Benchmark-Index an.
Unterschiede zu herkömmlichen aktiven Fonds
Der wesentliche Unterschied zwischen aktiven ETFs und herkömmlichen aktiv verwalteten Fonds liegt in ihrer Handelbarkeit und Kostenstruktur. Aktive ETFs werden auch fortlaufend an Börsen gehandelt, was zu niedrigeren Kosten, höherer Liquidität und größerer Transparenz führt. Herkömmliche aktiv verwaltete Fonds hingegen werden in der Regel einmal täglich zu einem Nettoinventarwert gehandelt und unterliegen häufig höheren Kosten, einschließlich Ausgabeaufschlägen und Verwaltungsgebühren.
3) Entwicklung des Volumens (USA vs. Deutschland) und Gründe
In den USA ist der Markt für aktive ETFs deutlich weiter entwickelt als in Deutschland. Dies ist größtenteils auf die regulatorische und steuerliche Struktur zurückzuführen, die in den USA für ETFs günstiger ist. Gerade die steuerliche Bevorzugung von ETFs in den USA sorgt dafür, dass immer mehr „aktive“ Strategien in Form von ETFs verpackt werden. Als Beispiel für die steuerliche Vorteilhaftigkeit sei stellvertretend der „In-Kind-Austausch“ oder Sachwerttausch genannt. In diesem Zusammenhang bedeutet es den Austausch von Sachwerten, also Wertpapieren, anstelle von Bargeld, bei der Erstellung und Rücknahme von ETF-Anteilen. Und das löst geringere Steuerzahlungen aus, da weniger Marktransaktionen getätigt werden müssen.
Darüber hinaus haben viele große US-Vermögensverwalter wie JP Morgan, Fidelity und Franklin Templeton umfangreiche Erfahrung mit aktiv gemanagten Produkten und tragen zur Marktentwicklung bei. In Deutschland hingegen steckt der Markt für aktive ETFs noch in den Anfängen, obwohl das Interesse zunimmt und regulatorische Hürden abgebaut werden.
4) Anzahl der Produkte in Deutschland
Das Angebot an aktiven ETFs in Deutschland ist im Vergleich zu passiv verwalteten ETFs noch begrenzt, aber es wächst stetig. Derzeit gibt es eine wachsende Anzahl von aktiv verwalteten ETFs, die in Deutschland zum Kauf angeboten werden, jedoch ist die Auswahl im Vergleich zu den USA noch relativ bescheiden.
Aktuelle Übersicht JustETF: aktuell (Mai 2024) sind auf der Plattform 161 „aktive“ ETFs gelistet.
92 davon decken die Anlageklasse Aktien ab, 561 repräsentieren Anleihen, 7 den Geldmarkt und 1 Produkt wird der Anlageklasse Immobilien zugeordnet.
5) Besondere Auffälligkeit
Auffällig ist, dass von den derzeit 161 Produkten 135 einen nachhaltigen Investmentansatz verfolgen!!
Quelle JustETF, eigene Berechnung
6) Emittenten
Was hier auffällt, dass es im wesentlichen amerikanische Asset Manager sind, die in Deutschland diese Produktkategorie besetzen.
Mit JP Morgan (67 Stück), Fidelity (21 Stück), Blackrock (7), Franklin Templeton (7), First Trust (7), Pimco (6) und ARK Invest (3) bilden diese Emittenten die weitaus größte Gruppe (118 von 161 Produkten)
Die klassischen aktiven Manager aus Deutschland und Europa findet man hier weitgehend vergeblich (DWS, UNION, DEKA aber auch bankenunabhängige wie Flossbach von Storch und Dr. Jens Erhardt, Carmignac und andere).
7) Kritische Würdigung
Obwohl aktive ETFs mögliche Vorteile bieten, wie zum Beispiel von der Expertise professioneller Fondsmanager zu profitieren, gibt es auch Kritikpunkte. Dazu gehören höhere Kosten im Vergleich zu passiven ETFs, die potenziell die Rendite schmälern können, sowie die Schwierigkeit für Fondsmanager, trotz annähernder Kostengleichstellung, dauerhaft und systematisch nachweisbar eine Überrendite gegenüber einem passendem breiten Marktbarometer (Index oder Indexkombination) zu erzielen.
8) Fazit
Aktive ETFs stellen eine interessante Entwicklung im Bereich der Anlageprodukte dar, die Anlegern eine breitere Palette von Anlagemöglichkeiten bietet. Während der Markt in den USA bereits gut etabliert ist, befindet sich der deutsche Markt noch im Aufbau. Trotz einiger Herausforderungen bieten aktive ETFs Anlegern die Möglichkeit, von der Expertise professioneller Fondsmanager zu profitieren und gleichzeitig die Vorteile von ETFs zu nutzen.
In den USA sind aktive ETFs bereits deutlich auf dem Vormarsch. Ein wesentlicher Grund für diese Entwicklung ist sicherlich die steuerliche Besserstellung von ETFs gegenüber klassischen Investmentfonds. Das gilt für Indextracker wie auch für aktiv gemanagte ETFs.
In Deutschland existiert ein solch steuerlicher Anreiz nicht, und damit ist es zweifelhaft das jüngste dynamische Wachstum der aktiven ETFs in den USA 1:1 auf Deutschland zu übertragen. Ein weiterer Grund dafür ist, dass es derzeit so gut wie keine deutschen oder europäischen Asset Manager gibt, die derzeit ihre aktiven Strategien in ETFs verbriefen (siehe Liste der aktuell erwerbbaren aktiven ETFs aus JustETF). Hintergrund ist hier sicherlich die Vertriebsstruktur der Asset Management Branche. Investmentfonds werden hierzulande von Beratern / Verkäufern an Kunden verkauft und nicht direkt vom Anleger gekauft. Der Vertrieb ist gesteuert über hohe Ausgabeaufschläge und Bestandsprovisionen. Da ETFs keine einmaligen und laufenden Vergütungen für Berater / Vermittler enthalten und das Geschäftsmodell Finanzberatung in Deutschland zu über 90% auf diesen Vergütungen (Provisionen) basiert, gibt es absolut keinen Anreiz hier die Verbriefung in ETFs voranzutreiben.
Es bleibt abzuwarten, wie sich dieser Markt in Zukunft entwickeln wird und ob aktive ETFs einen festen Platz im Anlageportfolio vieler Investoren einnehmen werden.