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In meinen Anlageberatungen zeige ich gerne, wie die reichsten Menschen (Familien) der Welt Ihr Geld anlegen.
Siehe Schaubild (jährlicher UBS Global Family Office Report)
Was ist für viele meiner Kunden überraschend?:
Nur 10 % des Vermögens liegen in Immobilien – hier wurde fast immer deutlich mehr angenommen
Knapp 58 % des Vermögens bilden klassische Investments in Aktien, Anleihen und Cash
32 % sind in sogenannten „alternativen Anlageklassen“ investiert. Da werde ich immer häufiger gefragt, was sich dahinter verbirgt
Offensichtlicher erster Unterschied:
Alternative Anlageklassen sind nicht an einer Börse handelbar und werden daher auch als Private Market Investment bezeichnet
Bis vor einigen Jahren war es Privatanlegern kaum möglich in diese Anlageklassen zu investieren.
Das ändert sich zunehmend. Die Hindernisse werden regulatorisch immer kleiner.
In einer Welt, in der die Grenzen zwischen öffentlichen und privaten Märkten zunehmend verschwimmen, haben European Long-Term Investment Funds (ELTIFs) in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen. Diese Anlagevehikel versprechen Privatanlegern Zugang zu bisher exklusiven Investitionsmöglichkeiten in einem Sondervermögen. Doch was steckt wirklich hinter ELTIFs, und sind sie für den durchschnittlichen Anleger geeignet und sinnvoll?
Was sind ELTIFs?
ELTIFs sind eine spezielle Form von alternativen Investmentfonds, die darauf abzielen, langfristige Investitionen in illiquide Vermögenswerte zu ermöglichen. Sie investieren in Bereiche wie Infrastruktur, häufig zur Finanzierung von nachhaltigen Projekten wie z.B. Wind -und Solarparks, das Investment in nicht börsennotierte Unternehmen (Private Equity) und auch in private Schulden (Private Debt) . Mit Laufzeiten von bis zu 30 Jahren sind sie deutlich langfristiger ausgerichtet als traditionelle Investmentfonds.
Warum könnte bei dieser für Privatanleger noch jungen Anlageklasse Personen angesprochen fühlen, hierin zu investieren?
Hier sind die 5 wichtigsten emotionalen Gründe, warum Privatanleger geneigt sein könnten, in ELTIFs zu investieren:
- Exklusivitätsgefühl: Der Zugang zu „elitären“ Anlageklassen kann verlockend sein.
Es kann der Wunsch entstehen, auch als Privatanleger solche Investments zu tätigen und davon profitieren zu können – Stichwort: „Anlegen wie die Reichen“
2. FOMO (Fear of Missing Out): Die Angst, lukrative Chancen zu verpassen, kann Anleger antreiben.
Erfolgreiche Investments in diesen Anlageklassen – bisher i.W. nur institutionellen Anlegern möglich – werden nun über immer stärkeres Marketing der Anbieter beworben. Die vergangenen Ergebnisse der Insti – Anleger zeigen durchaus die Chance auf beeindruckende Renditen – allerdings mit einer sehr unterschiedlichen Bandbreite (von -4,5% p.a. – über 20% p.a. ist alles dabei).
ACHTUNG kleiner Exkurs im Hinblick auf die beworbenen Renditen:
Die angegebenen Renditen sind nicht vergleichbar mit klassischen Anlageklassen.
Meist wird hier mit der IRR (Internal Rate of Return) geworben. Das ist die Rendite des tatsächlich investierten Kapitals – jedoch nicht des gesamt eingeworbenen Kapitals (Gesamtkapital). Der Unterschied ergibt sich daraus, dass nicht selten nur ein Teil des vom Anleger zur Verfügung gestellten Kapitals auch wirklich durchgängig in die Anlagen investiert werden konnte. Ein anderer Teil liegt häufig niedrig verzinst am Geldmarkt herum. Dadurch ist die Gesamtverzinsung z.T. deutlich niedriger.
3. Nachhaltigkeitsaspekt: Das Gefühl, in zukunftsweisende Projekte zu investieren, kann attraktiv sein.
Gerade der Wunsch vieler Anleger mit dem eigenen Geld etwas konkret erlebbares in Sachen Nachhaltigkeit beizutragen und diesen Beitrag deutlich messbarer zu machen, spricht den emotional verständlichen Wunsch an, mit den eigenen Investments einen direkten Impact in Sachen Klimaschutz zu erzielen.
4. Stabilität und Inflationsschutz:
Hoffnung auf stabile, inflationsgeschützte Renditen durch Sachwertinvestitionen – gerade in global unsicheren Zeiten
5. Langfristiges Engagement in die Realwirtschaft:
Stolz, Teil langfristiger, realwirtschaftlich bedeutsamer Projekte zu sein. Und die Investition ist damit anfassbar. Gerade dann, wenn man Sorgen um die Realwirtschaft hat.
Regulierung:
Die Möglichkeit von Privatanlegern in Deutschland in ELTIFs zu investieren gibt es schon seit 2015, allerdings waren die Einstiegshürden bis Anfang diesen Jahres doch sehr hoch.
Seit Januar 2024 gelten neue Regelungen für ELTIFs, die den Zugang für Privatanleger erleichtern sollen:
- Die Mindestanlagesumme von 10.000 Euro wurde abgeschafft.
- Die Überprüfung des Gesamtvermögens entfällt.
Bis Anfang 2024 durften Privatanleger nur max. 10% Ihres Vermögens (bei einem Mindestvermögen von 100.000€) dort investieren – und betraf damit eine kleinere Gruppe von vermögenden Personen.
- ELTIFs müssen nun mindestens 55% (statt bisher 70%) ihres Kapitals in zulässige Anlagevermögenswerte investieren.
- Die Fremdfinanzierungsquote wurde von 30% auf 50% angehoben.
Diese Änderungen machen nun ELTIFs für breitere Anlegergruppen zugänglich.
Welche Aspekte sind nun für Privatanleger wichtig für eine Entscheidung für oder gegen ein Investment in diese neuen Anlagevehikel?
Ein wichtiger Aspekt bei der Betrachtung von alternativen Investments ist die unterschiedliche Informationseffizienz zwischen privaten und öffentlichen Märkten:
Aspekt | Börsennotiert (Public Market) | Nicht Börsennotiert (Private Market) |
Informationsfluss | Schnell und weitgehend symmetrisch | Langsamer und oft asymmetrisch |
Transparenz | Hoch, aufgrund gesetzlicher Offenlegungspflichten | Geringer, weniger standardisierte Berichterstattung |
Preisbildung | Nahezu in Echtzeit durch kontinuierlichen Handel | Verzögert, oft basierend auf Bewertungsmodellen |
Informationsverarbeitung | Effizient durch viele Marktteilnehmer | Weniger effizient, begrenzte Anzahl von Investoren |
Regulatorische Anforderungen | Streng, mit standardisierten Berichtspflichten | Weniger streng, flexiblere Berichterstattung |
Zugang zu Informationen | Breit verfügbar für alle Marktteilnehmer | Oft beschränkt auf ausgewählte Investoren |
Analysemethoden | Standardisierte Kennzahlen und Modelle | Oft proprietäre und komplexere Bewertungsansätze |
Reaktionsgeschwindigkeit auf neue Informationen | Sehr hoch, oft innerhalb von Sekunden | Langsamer, kann Tage bis Monate dauern |
Informationstiefe | Breit, aber möglicherweise weniger detailliert | Tiefer, aber auf spezifische Bereiche beschränkt |
Wer investierte in der Vergangenheit schon in Private Market Investments?
Institutionelle Investoren profitieren in besonderem Maße von Private Market Investments:
- Höheres Renditepotenzial
- Bessere Diversifikationsmöglichkeiten
- Zugang zu nicht-börsennotierten Unternehmen
- Möglichkeit zur aktiven Einflussnahme (Direktinvestments) = Kostenvorteile gegenüber ELTIFs
- Nutzung von Marktineffizienzen
- Keine tägliche Mark to Market Bewertung und damit die Möglichkeit stabilere Renditepfade zu zeigen
Gelten die gleichen Vorteile nun auch für Privatanleger?
ELTIFs für Privatanleger: Chance oder Risiko?
Die Frage, ob Privatanleger über ELTIFs tatsächlich an den lukrativsten Investments des Private Market teilhaben können, bleibt umstritten. Es besteht vor allem die Gefahr einer „Negativselektion“, bei der die attraktivsten Deals von institutionellen Investoren abgeschöpft werden. Dennoch bieten ELTIFs Privatanlegern eine Möglichkeit, von einigen Vorteilen der Private Markets zu profitieren, wenn auch in begrenzterem Umfang.
Kosten von ELTIFs:
Gegenüber börsennotierten Investments (z.B. ETFs auf börsengehandelte Unternehmen) sind ELTIFs sehr viel teurer.
Mit 2% (oder mehr) jährlichen Kosten, sind diese Vehikel ca. 10 mal so teuer wie ein breit streuender ETF. Häufig kommen auch noch Performance Gebühren dazu, die von der Wertentwicklung des ELTIFs abhängen.
Die in den Produktinformationsblättern ausgewiesenen Kosten sind die Kosten des Vehikels ELTIF – nicht jedoch die Gesamtkosten der in dem Fonds enthaltenen Investments. Diese sind intransparent.
Private Markets ist nicht gleich Private Markets:
Die Spannbreite der möglichen Renditeentwicklung ist deutlich größer, als in klassischen Investments.
Laut einer Untersuchung von JPM Morgan reichten die erzielten Renditen in den letzten 10 Jahres in
Private Equity von 2% bis 23% p.a.
Venture Capital von -4,5% bis 17,3% p.a.
Hedge Fonds von -0,4 % bis zu 13,8% p.a.
Da fällt die Auswahl des passenden Managers sicher nicht leicht. Und es bleibt die oben bereits gestellte Frage, ob Privatanleger an die Investments mit den höchsten Renditen überhaupt herankommen?
Fazit
ELTIFs stellen eine interessante, aber komplexe Anlageoption dar. Während sie Privatanlegern Zugang zu bisher verschlossenen Märkten bieten, bringen sie auch erhebliche Risiken mit sich. Die lange Kapitalbindung, die begrenzte Diversifikation und die Komplexität der Investments erfordern ein tiefes Verständnis und eine sorgfältige Abwägung.
Die erhöhten Kosten im Vergleich zu Börseninvestments und die nicht unwahrscheinliche „Negativselektion“ tun ihr Übriges.
Für die meisten Privatanleger dürften ELTIFs, wenn überhaupt, nur als kleine Beimischung im Portfolio in Frage kommen. Alternative Anlageformen wie breit gestreute ETFs bieten für viele Anleger eine einfachere, transparentere, kostengünstigere und oft sicherere Option zur Vermögensbildung. Letztendlich gilt: Jeder Anleger sollte seine individuellen Ziele, seinen Anlagehorizont und seine Risikobereitschaft sorgfältig prüfen, bevor er in komplexe Anlageformen wie ELTIFs investiert.