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Kapitalversicherungen verstehen
Die wichtigsten Begriffe
Garantiekapital
Das Garantiekapital ist die Summe, die Ihnen zum Ende der Vertragslaufzeit versprochen wird. In den letzten Jahren ist das, abhängig vom jeweiligen Versicherer nur noch die Summe der Beiträge + der sogenannte Garantiezins
Sparanteil
Der Sparanteil ist die Differenz aus Beiträge minus Kosten (zu den verschiedenen Kostenarten siehe spätere Überschriften in diesem Artikel).
Nur dieser Anteil der Einzahlungssumme kann also Erträge erwirtschaften, denn der Rest sind Kosten, die bei der Versicherung verbleiben oder als Abschlusskosten dem Vertrieb ausgekehrt werden.
Garantiezins (Höchstrechnungszins)
Bei Abschluss einer klassischen (ohne Fonds) kapitalbildenden Lebens- bzw. Rentenversicherung wird ein Zins auf das Garantiekapital zugesagt. Dieser Zins erhöht die garantierte Ablaufleistung jedes Jahr. Der Garantiezins wird nicht vom Versicherer bestimmt, sondern vom Finanzministerium.
Derzeit liegt er bei 0,25 % p.a. – er lag Mitte der 90er Jahre in der Spitze bei 4%
So hat sich der GARANTIEZINS entwickelt:
Überschussbeteiligung
Grundsätzlich ist gesetzlich festgeschrieben, dass Versicherungen ihre Anleger an erwirtschafteten Überschüssen zu beteiligen hat. Hier gelten unterschiedlichste Regelungen und Quoten, die in folgenden Gesetzestexten und Verordnungen zu finden sind:
Versicherungsvertragsgesetz Mindestzuführungsverordnung – MindZV
Welche Überschussarten gibt es?
- Zinsüberschuss: entsteht, wenn in der Kapitalanlage höhere Gewinne erwirtschaftet werden, als dem Versicherten garantiert wurde
- Risikoüberschuss: entsteht, wenn Versicherte früher versterben, als vom Versicherer kalkuliert
- Kostenüberschuss: entsteht, wenn durch Kosteneinsparungen geringere als geplante Verwaltungskosten realisiert werden
- Storno – Überschuss: entsteht, wenn Kunden ihre Verträge vorzeitig kündigen
- Weitergabe von Bewertungsreserven: entsteht, wenn Versicherer Kursgewinne auf bestehende Wertpapierbestände realisieren und den Versicherten gutschreiben
- Schlussüberschuss: entsteht, nur am Ende der Laufzeit dadurch, dass während der Laufzeit vom Versicherer zurück gehaltene Puffer positiv sind und damit aus den genannten Überschussvarianten eine Beteiligung des Versicherten möglich macht.
Zusammenfassung zur Überschussbeteiligung: – keine echte Transparenz möglich –
Was fällt auf?
- Eine Beteiligung der Versicherten an den vielen Überschussvarianten ist für den Versicherten ist trotz Gesetzen (VVG) und Verordnungen (MindZV) nicht transparent zu ermitteln, weil….
- Jede Versicherung seine eigene Kapitalanlagestrategie hat, dabei unterschiedlich erfolgreich ist, die Versicherungen ein unterschiedliches „Versichertenkollektiv“ haben und unterschiedlichste Kostenstrukturen vorhanden sind.
Bei Abschluss eines Versicherungsvertrages hofft der Kunde darauf, dass sein Anbieter hier bei Kapitalanlage, Kostenstrukturen und Versichertenkollektiv das günstigste Verhältnis anbietet… und diese Entscheidung trifft der Kunde in der Regel für seeehhhr lange Zeit.
Kapitalanlage einer Versicherung
Entscheidende Bedeutung, wie erfolgreich das Anlageergebnis für den Versicherten einer klassischen kapitalbildenden Versicherung ist, hat die jeweils vom Versicherer gewählte Anlagestrategie.
Dabei ist aber zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber hier strenge Vorgaben hinsichtlich der Sicherheit und Streuung macht.
Was haben diese gesetzgeberischen Vorgaben nun für Auswirkungen auf die Anlagestruktur von Versicherungen?
Kapitalanlagenstruktur der Versicherer in 2022
Über 3/4 der Kapitalanlagen der Versicherer sind in zinstragenden Anlagen (Anleihen) gebunden. Die Darstellung bildet die Gesamtheit aller Lebensversicherer ab. Abweichungen von dieser Gesamtheit auf der Ebene jeder einzelnen Versicherung konnten nicht ermittelt werden, sind aufgrund der unterschiedlichen Anlagestrategien der Anbieter selbstverständlich.
Aufgrund des sich seit 2008 bis Ende 2021 verschärfenden Zinssenkungstrends sehen sich die Versicherer sukzessive mit einem sinkenden Zinsergebnis konfrontiert, der sich natürlich auch in sinkenden Zinsüberschüssen für die Versicherten niederschlägt.
Sinkende Zinserträge der deutschen Lebensversicherer
Apropos ! – Kosten
Die laufende Verzinsung einer klassischen Lebens- und Rentenversicherung (aktuell ca. 2,x%) sind Verzinsungen vor Kosten!
Wie hoch sind denn nun die Kosten obiger Versicherungsprodukte?
Da verfolgen die Anbieter natürlich unterschiedliche Ansätze – auch auf Basis der unterschiedlichen Produktlinien.
Renditereduktion durch Kosten
Die Kosten variieren je nach Produktlinie und auch der Laufzeit und auch abhängig von der Kalkulation des Anbieters. Dabei lässt sich die Tendenz erkennen, dass die jährliche Reduktion der Rendite (RIY) gerade bei kürzeren Laufzeiten gegenüber langen Laufzeiten besonders hoch sind.
Und da stellt sich sofort die Frage nach der Rentabilität einer klassischen Versicherungslösung, die zwar reduziert, aber immer noch vertrieben wird. Sind Kostenbelastungen von weit über 1% p.a. bei Renditeniveaus von 2,x% p.a. noch zu rechtfertigen, die also automatisch zu Realvermögensverlusten führen müssen?
Erkennt der Anleger das überhaupt? Daher schauen wir uns im folgenden die Kreativität der Versicherer in Sachen Kostendarstellung an.
Kostenbegriffe
- Abschluss und Vertriebskosten (Alphakosten): entstehen, bei Abschluss des Vertrages, sind Vergütung des Vertriebes (werden meist in 5 Jahresscheiben aus dem Vertragsguthaben entnommen)
- Laufende Verwaltungskosten (Betakosten): entstehen, beitragsbezogen, Angaben entweder in € oder in % des Beitrages
- Anlagekosten (Gammakosten): entstehen, bei fondsgebundenen Verträgen als % bezogene Größe auf das jeweilige Vertragsguthaben
- Stückkosten (Kappakosten): entstehen, als jährlicher fester Betrag pro Vertrag
- Kosten der Fondsgesellschaft (Kapitalanlagekosten): entstehen, bei fondsgebundenen Verträgen, bestes Beispiel : Managementgebühren des Fonds in % des Volumens
Fazit
Ziel dieses Artikels war es, die ungeheure Anzahl von Fachtermini, die Kapitalversicherungen Versicherungsnehmern und auch Beratern vorgesetzt werden, einzuordnen.
Das Ziel Transparenz und damit bessere Vergleichbarkeit dieser Angebote herzustellen, konnte nicht gelingen. Jeder Anbieter hat aufgrund der Komplexität dieses deutschen Sonderwegs reichlich Möglichkeiten das zu verhindern.
Sowohl im Versicherungsschein als auch in den jährlichen Standmitteilungen werden von jeder Gesellschaft individuelle Formulierungen hinsichtlich Rentabilität und Kosten gewählt, die von normalen Verbrauchern unmöglich zu verstehen sind.
Im Unterschied zu Wertpapierinvestments hat es die Versicherungsindustrie geschafft, statt absoluten Kosten für die Laufzeit des Vertrages (oder zumindest für eine Teillaufzeit) nur prozentuale Kosten angeben zu müssen. Diese Ungleichbehandlung sollte auf den Prüfstand gestellt werden, denn es handelt sich auch bei kapitalbildenden Versicherungen um Geldanlageprodukte.