Wie man im Ruhestand sein Kapital richtig entspart Teil 1


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Wie man im Ruhestand Kapital richtig entspart Teil 1

Der Ruhestand rückt näher. Neben den Ansprüchen an die gesetzliche Rentenversicherung oder einem Versorgungswerk haben Sie privat vorgesorgt.

Es steht ein Betrag von z.B. € 500.000 zur Aufstockung der Rente zur Verfügung.

In unserem Beispiel gehen wir von einer Restlebenserwartung von 30 Jahren aus.

Bei einer Person im Alter von 65 Jahren bedeutet das, das das Kapital bis zum 95 Lebensjahr reichen soll.

Welche Möglichkeiten gibt es diesen Betrag so aufzuteilen, dass er einerseits möglichst bis zum Lebensende reicht und andererseits der Lebensstandard gehalten oder sogar verbessert werden kann.

In diesem Artikel untersuchen wir 3 grundsätzliche Strategien dies zu organisieren.

  1. Einfache Kontenentnahme über Tagesgeld
  2. Sofortrente über eine Versicherung
  3. Entnahmeplan über ein Wertpapierdepot (über ETFs und Indexfonds)

Was sind die Vorteile – Nachteile – Chancen und Risiken?

Einfache Kontenentnahme z.B. über Tagesgeld

Dabei legen sie den Anlagebetrag bei mehreren Banken auf ein Tagesgeld

(WICHTIG: bitte mehrere Banken nutzen, der Anlagebetrag ist nur bis € 100.000 pro Person und Bank von der Einlagensicherung abgesichert)

 

Vorgehen: Das Kapital wird auf mehreren Tagesgeldkonten bei unterschiedlichen Banken mit 1% Verzinsung angelegt und jährlich ein gleichmäßiger Betrag entnommen, sodass das Kapital bis zum 95. Lebensjahr aufgebraucht ist.

  • Entnahmebetrag: Start bei ca. 19.374 €, jährlich sinkend auf ca. 10.909 € mit steigendem Alter, da die reale Rendite unter der Inflationsrate liegt und das Kapital langsam schwindet.
  • Inflationsauswirkung: Die Kaufkraft der Entnahmen sinkt kontinuierlich.
  • Flexibilität: Sehr hoch – jederzeit Anpassungen oder vorzeitige Entnahmen möglich.
  • Rendite: Sehr niedrig – real negativ, da Tagesgeld meist unter Inflationsrate verzinst wird und die Verzinsung ja auch noch versteuert werden muss!
  • Risiko: Gering – keine Wertschwankungen, aber Inflationsrisiko bzw. gesicherter Kaufkraftverlust.

Die Kaufkraft der nominal konstanten Entnahme sinkt unaufhörlich. Nach 30 Jahren sind die nominal 19.374 € real nur noch 10.909 € wert

Sofortrente über eine Versicherung

Vorgehen: Das gesamte Kapital wird an eine Versicherung gegeben, die lebenslang eine konstante Rente auszahlt

  • Entnahmebetrag: ca. 18.000  € jährlich, garantiert bis zum Lebensende, unabhängig von der Kapitalmarktentwicklung.
  • Inflationsauswirkung: Die reale Kaufkraft der Auszahlung sinkt über die Jahre deutlich.
  • Flexibilität: Sehr gering – das Kapital ist gebunden, keine Anpassungen oder Sonderentnahmen möglich. Vererbbarkeit nicht oder nur sehr eingeschränkt (über Rentengarantiezeit) gegeben
  • Rendite: Moderat, da Versicherer sehr konservativ anlegen (hier ca. 2-3 % p.a. – und das vor Kosten). Die Rendite nach Kosten beträgt häufig nicht mehr als 1%

 

Die niedrige garantierte Sofortrente ist vor allem eine Folge der von den Versicherern verwendeten Sterbetafeln (hohe angenommene Lebenserwartung), der sehr vorsichtigen und zinsarmen Anlagestrategie der Versicherer sowie der beachtlichen Abschluss- und Verwaltungskosten. Alle drei Faktoren wirken zusammen und führen dazu, dass der garantierte monatliche Auszahlungsbetrag im Vergleich zu anderen Entnahmestrategien relativ niedrig ist.

Wenn Sie mehr über das wirklich sehr komplexe Thema Versicherungen als Rentenabsicherung sehen möchten, empfehle ich Ihnen zwei Youtube Videos von Herrn Prof. Dr. Walz aus Juli 2024 und Mai 2025. Herr Prof Dr. Walz hat hier zwei profunde Kenner (beide haben Aktuarwissenschaften studiert) zu Gast.

Ich verspreche Ihnen – Sie werden sehr überrascht sein.

Bitte setzen Sie sich beim Schauen hin. Ich möchte auch nicht mittelbar dafür verantwortlich sein, sollten Sie beim Konsum dieser Videos verunfallen.

Ich verlinke Ihnen die beiden Interviews hier:

https://www.youtube.com/watch?v=LcxXo0bp8&ab_channel=Prof.Dr.HartmutWalz

https://www.youtube.com/watch?v=AWrChJ-TrLs&ab_channel=Prof.Dr.HartmutWalz

 

Investition in ein Wertpapierdepot (z.B. in ETFs) + Auszahlungsstrategie

Aus diesem Wertpapierdepot werden dann z.B. jährlich Beträge entnommen (aus Ausschüttungen + Anteilsverkäufen) um die Rente damit aufzustocken. In diesem ersten Teil des Artikels schauen wir uns die sogenannte „konstante“ Entnahmerate an. In den den folgenden Teilen gehe ich dann darauf ein, welchen Alternativen bestehen.

Konstante Entnahmerate (inflationsbereinigt)

Vorgehen: Jährlich wird ein fester Betrag, inflationsbereinigt, entnommen (z.B. 4 % des Startkapitals, jährlich an Inflation angepasst)

 

  • Entnahmebetrag: Start bei 20.000 €, steigt inflationsbedingt auf ca. 35.500 € im Alter 95.
  • Inflationsauswirkung: Kaufkraft bleibt konstant, da die Entnahmen an die Inflation angepasst werden.
  • Flexibilität: Hoch – Anpassungen und Sonderentnahmen möglich. Vererbbarkeit ist vollständig gegeben
  • Rendite: potentiell Hoch, wenn in Aktienmärkte investiert wird, langfristig höhere Renditen erwarten lassen (hier ca. 7 % nominal, 5 % real).
  • Risiko: Hoch – insbesondere das Renditereihenfolgerisiko (Sequence of Returns Risk), d.h. frühe Verluste können das Kapital schnell aufzehren. Hier ist selbstverständlich sinnvoll, über die Beimischung von risikoarmen Portfoliobausteinen (kurzlaufende Anleihen ETFs) nachzudenken und damit das Risiko zu senken, dass das Portfolio zu früh erschöpft ist

Das Renditereihenfolgerisiko (Sequence of Return Risk) beschreibt die Gefahr, dass die Abfolge von Renditen in einem Wertpapierportfolio während der Entnahmephase den Kapitalerhalt gefährdet. Es tritt auf, wenn negative Marktentwicklungen zu Beginn der Entnahmen auftreten und dadurch das Vermögen schneller schrumpft als erwartet

Mechanismus des Risikos:

  • Bei Entnahmeplänen werden frühe Verluste kritisch, da sie das verbleibende Kapital reduzieren, das für spätere Erholungsphasen zur Verfügung steht.
  • Beispiel: Ein Portfolio mit anfänglichen Minusrenditen zwingt zu höheren prozentualen Entnahmen, was die Vermögensbasis dauerhaft schmälert – selbst wenn die Durchschnittsrendite langfristig stabil ist

Einflussfaktoren:

  • Volatilität: Starke Schwankungen erhöhen das Risiko, da sie extreme Renditeunterschiede begünstigen
  • Entnahmerate: Höhere Entnahmen verstärken den Kapitalverzehr bei negativen Renditen
  • Zeithorizont: Die ersten 3–5 Jahre der Entsparphase sind entscheidend, da frühe Verluste langfristig schwerer zu kompensieren sind

Das Risiko betrifft insbesondere Rentner und Anleger mit regelmäßigen Entnahmen, da sie – im Gegensatz zu Sparern – nicht von späteren Erholungsphasen profitieren können, wenn das Kapital bereits reduziert wurde

Im zweiten Teil gehe ich auf die „dynamische“ Entnahmestrategie ein, bei der das o.g. Risiko des frühzeitigen Kapitalverzehrs ausgeschlossen oder je nach Ausgestaltung zumindest stark vermindert werden kann.