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Wie man im Ruhestand sein Kapital richtig entspart Teil 2
Im Teil 1 dieses Beitrages habe ich dargestellt, welche grundsätzlichen Möglichkeiten es gibt, angespartes Kapital zur Verstärkung von Rentenansprüchen (z.B. Gesetzliche Rente oder Versorgungswerk) einzusetzen.
siehe Link:
Entsparen über Konten (Tagesgeld & Co) und der Einsatz über Versicherungen haben dabei den Nachteil, dass Inflationsausgleich nicht stattfindet und so die Potentiale des vorhandenen Kapitals nicht ausgeschöpft werden. Die unnötige Folge ist ein Lebensstandard, der sogar real sinkt.
Die Entsparstrategie über die Investition in ein Wertpapierdepot kann diesen Nachteil ausgleichen. Dabei treten aber andere Herausforderungen zu Tage. Das Risiko, dass das Kapital zu früh verbraucht ist, ist hier am stärksten zu beachten (siehe erste Option in Teil 1: konstante und an die Inflation angepasste Entnahmerate)
Im diesem 2. Teil stelle ich mehrere Strategien vor, die diese Herausforderungen adressieren und abmildern können, bzw. beseitigt.
Beispiel (wie aus Teil 1) : € 500.000 mit einer geplanten Dauer der Entnahme von 30 Jahren (incl. Kapitalverzehr)
Prozentuale Entnahmerate (Prozentsatz vom jeweiligen Depotwert am Jahresende)
Vorgehen: Jährlich wird ein fixer Prozentsatz (z.B. 4 %) des jeweils aktuellen Depotwerts entnommen.
- Entnahmebetrag: Start bei 20.000 € – zukünftiger Entnahmebetrag ist abhängig vom Depotwert am Jahresende. Beispiele: Depotwert € 370.000 * 4% = Entnahme € 14.800 / Depotwert 530.000 * 4% = Entnahme € 21.200
- Inflationsauswirkung: Kaufkraft wird schwanken, da Entnahmen von der Wertentwicklung abhängen.
- Flexibilität: Sehr hoch – Entnahmen passen sich automatisch der Performance an.
- Rendite: tendenziell Hoch, aber abhängig von der Marktentwicklung.
- Risiko: stark schwankende Auszahlungen möglich, aber kein Risiko des vorzeitigen Kapitalverzehrs, da in schwachen Jahren weniger entnommen wird
Fazit:
Das Risiko, dass am Ende des Geldes noch Lebenszeit übrig ist, wird zwar eliminiert, aber die möglichen Entnahmen können sehr stark schwanken und bei ungünstigem Verlauf der Marktentwicklung deutlich sinken. Gerade wenn am Anfang der Auszahlphase die Märkte schlecht laufen, kann sich dieses Risiko materialisieren.
Dynamische Entnahmerate (Ober – und Untergrenze – mit Inflationsanpassung – in guten Jahren)
Die Entnahmen werden in schwachen Börsenjahren reduziert und in guten Jahren erhöht. Dadurch wird das Risiko eines zu schnellen Kapitalverzehrs deutlich gesenkt. Um zu erratische Änderungen der Entnahmerate zu vermeiden, wird eine Obergrenze und eine Untergrenze der jeweiligen Entnahmerate definiert.
Regelbasierte Methodik in unserem Beispiel:
€ 500.000 Kapital – Anfangsentnahme 5% = €25.000 im ersten Jahr
für die Folgejahre gilt folgende Regel:
bei einer 2% Inflation beträgt die Zielentnahme für das folgende Jahr = € 25.000 *1,02 = € 25.500
Obergrenze +5% Untergrenze -2,5% also: € 26.775 Obergrenze (+5% auf € 25.500) oder € 24.862 Untergrenze (-2,5% auf € 25.500)
Im Ergebnis werden positive Anlagerenditen mit nach begrenzt steigenden Entnahmemöglichkeiten belohnt (Steigerung Lebensstandard). In Jahren mit negativen Renditen, wird die Entnahme aus dem Portfolio gepuffert abgesenkt, um einem frühzeitigen Kapitalverzehr entgegen zu wirken.
Schutz vor vorzeitigem Kapitalverzehr:
Durch die flexible Anpassung der Entnahmen an die tatsächliche Wertentwicklung des Portfolios sinkt die Wahrscheinlichkeit, dass das Vermögen vor Ablauf des geplanten Zeitraums aufgebraucht wird. Besonders in schwachen Marktphasen werden die Entnahmen reduziert, wodurch das Portfolio geschont wirdHöheres und nachhaltigeres Konsumbudget:
Simulationen zeigen, dass mit der dynamischen Strategie ein höheres jährliches Entnahmebudget möglich ist, ohne das Risiko eines frühzeitigen Kapitalverzehrs deutlich zu erhöhen. Die Strategie ist so resilient gegenüber Marktschwankungen, dass sie ein relativ stabiles Entnahmebudget ermöglichtBessere Balance zwischen Sicherheit und Flexibilität:
Während statische Strategien (z. B. konstante Entnahmebeträge) zwar planbar sind, aber wenig auf Marktveränderungen reagieren, bietet die dynamische Strategie eine moderat flexible Anpassung: Entnahmen schwanken nur innerhalb vorher definierter Ober- und Untergrenzen, was extreme Einkommensschwankungen verhindert und dennoch auf die Marktlage reagiertInflationsschutz:
Die Entnahmen werden jährlich an die Inflation und die Portfoliogröße angepasst, sodass die Kaufkraft besser erhalten bleibt als bei starren, nominalen Entnahmemodellen1.Reduziertes Renditereihenfolgenrisiko:
Indem in schlechten Börsenjahren die Entnahmen automatisch gesenkt werden, wird das Sequence-of-Returns-Risiko (Renditereihenfolgenrisiko) deutlich reduziert – ein zentrales Problem statischer Entnahmestrategien
Zusammengefasst:
Die Dynamische Entnahmestrategie verbindet Flexibilität, Risikomanagement und Inflationsschutz. Sie ermöglicht ein höheres und nachhaltigeres Ruhestandseinkommen und schützt das Vermögen besser vor Marktschwankungen als statische Ansätze
Die 3-Topf-Entnahmestrategie: Konzept, Chancen und Risiken
Beschreibung:
Die 3-Topf-Strategie (auch 3-Töpfe-Modell genannt) ist eine strukturierte Entnahmestrategie für die Ruhestandsphase, bei der das Vermögen auf drei unterschiedlich riskante und liquide Anlageklassen verteilt wird. Ziel ist es, planbare Entnahmen zu ermöglichen, Schwankungen an den Kapitalmärkten abzufedern und das Risiko des Kapitalverzehrs zu reduzieren.
Aufbau der 3 Töpfe
- Topf 1 (Liquiditätstopf):
Enthält den Bedarf für die nächsten 1–3 Jahre, meist als Tages- oder Festgeld. Dieser Topf dient als Puffer für regelmäßige Entnahmen und schützt vor kurzfristigen Marktschwankungen. - Topf 2 (Sicherheitstopf):
Deckt den mittelfristigen Bedarf (z. B. 3–10 Jahre) und ist in Anleihen mit unterschiedlichen Laufzeiten (z.b. Zins- bzw. Anleiheleiter) investiert. Er bietet mehr Renditechancen als Tagesgeld, aber geringere Schwankungen als Aktien. - Topf 3 (Wachstumstopf):
Enthält das restliche Kapital für den langfristigen Bedarf (10+ Jahre), typischerweise in Aktien-ETFs oder Aktienfonds angelegt. Dieser Topf soll das Vermögen vor Inflation schützen und für Wachstum sorgen.
Beispielhafte Aufteilung:
- Topf 1: 3 Jahre Lebenshaltungskosten in Festgeld / Geldmarkt ETFs (z. B. 75.000 € bei 25.000 € Jahresbedarf)
- Topf 2: 7 Jahre Bedarf in Anleihen / z.B. Laufzeit EZFs (175.000 €)
- Topf 3: Rest in Aktien-ETFs (z. B. 250.000 € bei 500.000 € Startkapital)
Funktionsweise
- Die laufenden Entnahmen erfolgen immer aus Topf 1.
- Ist Topf 1 aufgebraucht, wird er aus Topf 2 aufgefüllt.
- Topf 2 wird wiederum aus Topf 3 gespeist.
- In guten Börsenjahren kann direkt aus Topf 3 nachgefüllt werden; in schwachen Jahren wird zunächst Topf 2 genutzt, um Aktienverluste nicht zu realisieren.
Chancen der 3-Topf-Strategie
- Renditechancen:
Durch den hohen Aktienanteil im Wachstumstopf bleibt das Vermögen langfristig inflationsgeschützt und partizipiert an den Renditechancen der Kapitalmärkte. - Risikopuffer:
Die Liquiditäts- und Sicherheitstöpfe ermöglichen es, Entnahmen auch bei Börsencrashs ohne Notverkäufe von Aktien zu tätigen. Das mildert das Renditereihenfolgerisiko (Sequence of Returns Risk) deutlich. - Flexibilität:
Die Strategie kann individuell an die Lebenssituation, den Kapitalbedarf und die Risikoneigung angepasst werden. - Planbarkeit:
Regelmäßige Entnahmen sind gesichert, da der kurzfristige Bedarf immer gedeckt ist.
Risiken und Herausforderungen
- Komplexität:
Die laufende Überwachung und das regelmäßige Rebalancing zwischen den Töpfen erfordern Disziplin und ein gewisses Maß an Finanzwissen. - Zins- und Inflationsrisiko:
Niedrige Zinsen im Liquiditäts- und Sicherheitstopf können die reale Kaufkraft schmälern, wenn die Inflation hoch ist. - Marktrisiko:
Der Aktienanteil bleibt langfristig Schwankungen ausgesetzt. Bei langanhaltenden Baisse-Phasen kann der Wachstumstopf schrumpfen, was sich auf die Auffüllung der anderen Töpfe auswirkt. - Entnahmeplanung:
Zu hohe Entnahmen oder eine falsche Aufteilung können dazu führen, dass das Kapital vorzeitig aufgebraucht wird.
Fazit 3 Topf Entnahmestrategie
Die 3-Topf-Entnahmestrategie bietet eine ausgewogene Balance zwischen Sicherheit, Flexibilität und Renditechancen. Sie schützt vor kurzfristigen Marktschwankungen, mildert das Renditereihenfolgerisiko und ermöglicht eine strukturierte, planbare Entnahme im Ruhestand. Sie setzt jedoch eine gewisse Disziplin und regelmäßige Überprüfung voraus und ist kein Selbstläufer. Gegenüber statischen Entnahmeplänen und Strategien ist diese Strategie sehr gut individuell anpassbar und über die Aufteilung in Töpfe auch intuitiver verständlich.
Jetzt Ihre individuelle Entnahmestrategie gestalten!
Die richtige Entnahmestrategie ist der Schlüssel für finanzielle Sicherheit im Ruhestand. Setzen Sie auf Flexibilität, um auf Veränderungen im Leben und an den Märkten reagieren zu können. Profitieren Sie von attraktiven Renditechancen und sichern Sie sich durch eine clevere Strategie gegen die schleichende Entwertung Ihres Geldes durch Inflation ab. Gleichzeitig sorgt eine durchdachte Entnahmeplanung für möglichst stabile Einnahmen – auch in bewegten Zeiten.
Doch eines ist klar: Es gibt kein Patentrezept, das für alle gleichermaßen passt. Ihre persönlichen Ziele, Ihre Risikobereitschaft und Ihre Lebensumstände sind einzigartig. Deshalb ist eine maßgeschneiderte Lösung entscheidend, um Ihre Wünsche und Bedürfnisse optimal zu erfüllen.
Lassen Sie sich beraten und entwickeln Sie Ihre individuelle Entnahmestrategie – für einen Ruhestand, der so flexibel, sicher und ertragreich ist wie Sie es sich wünschen!